Hilfe zur Selbsthilfe

„Gib einem Hungernden einen Fisch, und Du ernährst ihn für einen Tag. Zeige ihm, wie man fischt, und Du ernährst ihn ein Leben lang.“ Dieser – die Gefahren der Überfischung außer Acht lassende – Spruch fehlt bei keinem Seminar für Entwicklungshelfer. Hilfe zur Selbsthilfe hat sich in der Entwicklungspolitik als Leitlinie durchgesetzt. Dem Geholfenen soll die Möglichkeit gegeben werden, mittelfristig aus der Hilfsbedürftigkeit herauszukommen. Das sichert die Würde, gibt dem Helfenden die Hoffnung, nicht auf ewig zahlen zu müssen, und soll eine neue Art von Kolonialismus verhindern.

Ein besonderes Beispiel dieser Hilfe zur Selbsthilfe bietet Deutschland nun gegenüber Algerien. Wie das Handelsblatt meldet, hat der Bundessicherheitsrat bereits 2011 die Genehmigung für ein Rüstungsgeschäft der besonderen Art erteilt: Rheinmetall will in Algerien eine Panzerfabrik errichten, damit der nordafrikanische Staat langfristig unabhängig von deutschen Rüstungshilfen wird und bei der Produktion von schweren Waffen auf eigenen Beinen stehen kann (die er sich, wenn auch noch eine Fabrik für Landminen gebaut wird, dann gleich wieder selbst wegsprengen könnte).

Im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe ist das sehr löblich. Gerade jetzt unter einem Wirtschaftsminister, der mit dem Gedanken spielt, beim einen oder anderen Rüstungsexport mal zu überlegen anstatt alle Anfragen durchzuwinken, würden Länder wie Algerien in die unzumutbare Rolle von Bittstellern gedrängt. Gerade dies will moderne Entwicklungspolitik verhindern.

"Wartet nur, bis wir unsere deutschen Panzer haben!"

„Wartet nur, bis wir unsere deutschen Panzer haben!“

Der Vertrag umfasst laut Handelsblatt die Lieferung von 980 Fuchs-Panzern, was zeigt, daß hier nicht gekleckert sondern geklotzt wird. Mit 980 Panzern kann man eine Menge Demonstrationen niederschlagen. Falls es im eigenen Land nicht ausreichend Demonstrationen gibt, kann man die Panzer auch weiterverkaufen, um sich so endgültig von der Entwicklungshilfe unabhängig zu machen. Der Markt dafür ist im Maghreb glücklicherweise vorhanden.

Algerien hat sich zwar angeblich verpflichtet, die Panzer nicht an andere Länder weiterzuverkaufen, aber das wird später natürlich niemand kontrollieren können/wollen. „Ach, das ist so eine Klausel, auf der unsere Juristen bestehen, aber machen Sie sich keine Gedanken darüber“, würde der Immobilienmakler oder der Bankberater sagen.

Aus Sicht von Rheinmetall ist das Ganze besonders schlau, denn so können Waffenexporte in Zukunft direkt von Algerien aus erfolgen, und der Bundessicherheitsrat, ganz zu schweigen vom Bundestag, muß nicht mehr behelligt werden. Was Deutschland davon hat? Offiziell niedrigere Rüstungsexportzahlen und einen weiterhin stetigen Flüchtlingsstrom aus Nordafrika.

Nordafrika: immer ein guter Markt für deutsche Panzer.

Nordafrika: immer ein guter Markt für deutsche Panzer.

(Dieser Kommentar wurde auch auf CARTA veröffentlicht.)

Über Andreas Moser

I am a lawyer in Germany, with a focus on international family law, migration and citizenship law, as well as constitutional law. My other interests include long walks, train rides, hitchhiking, history, and writing stories.
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3 Antworten zu Hilfe zur Selbsthilfe

  1. SchonPratchettHatGesagt: schreibt:

    Gib einem Mann Feuer, und er hat es warm für einen Abend. Zünde ihn an, und er hat warm für den Rest seines Lebens.

  2. Pingback: Hilfe zur Selbsthilfe | Carta

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